Muss das Rad ständig neu erfunden werden? Gibt es nicht schon genügend Alphabetisierungskurse?
Im Alphabetisierungsbereich hat man das Problem, dass Schüler sehr unzuverlässig sind und auch oft noch an andere Orte transferiert wird.
Ich fing dann an mein eigenes Material zu erstellen, damit man nicht teure Bücher kaufen muss, die nach ein paar Wochen nicht mehr verwendet werden, weil der Schüler nicht mehr auftauchte.
Ein zweites Problem ist, dass die Niveaus - Unterschiede im Alpha-Bereich sehr groß sind. Ich verwende an der VHS das Hamburger ABC, welches ich wirklich empfehlen kann, aber für viele meiner Leute ist der Einstieg zu schwierig. Meinen Alphabetisierungskurs kann man also gut als Vor-Alphabetisierungs-Kurs verwenden. Manchmal reichen schon die beiden ersten Lektionen: Einführung von A-M-O-T-E und danach könnte man zu einem anderen Buch wechseln.
Bei Einzelblättern, welche man herunterladen kann, kann man auch entscheiden, was man eigentlich braucht. Manche meiner Schüler müssen alle Blätter, am besten, doppelt Blatt für Blatt durchgehen, andere würden vor Langeweile die Motivation verlieren.
Ladet herunter so viel wie ihr wollt. Gerne nehmen wir auch eine Spende.
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Zielgruppe:
- Grundsätzlich eignet sich der Kurs für alle, die die lateinische Schrift nicht gut beherrschen. Jene, die bereits einmal in einer Sprache lesen und schreiben gelernt haben, tun sich leichter. Sie haben das System schon mal verstanden. In der Regel sind sie auch motivierter und selbstorganisiert. Vor allem sind die zerebralen Verbindungen bereits vorhanden. Je nach Schulbildung, Alter, Umstände und Motivation braucht man nur auf einzelne Blätter zurückgreifen und überfliegt den Großteil. Jene, die nie alphabetisiert worden, können sich dagegen sehr schwer tun.
- Der T-O-M-A-T-E – Kurs ist als Einsteigerkurs für sehr langsame Lerner gedacht, die nie eine Schule besucht haben und vielleicht seit Generationen, auch in ihrer Herkunftssprache, keinen Zugang zu Lesen und Schreiben hatten. D.h. dass die dazu benötigten neuronalen Verbindungen wenig ausgeprägt sind und der Zusammenhang zwischen Lauten und Symbolen erst entdeckt werden muss. Zudem haftet neu Erlerntes schlechter im Gedächtnis, weil das Gehirn oft noch keine Strukturen dafür hat.
Man kann sich das so vorstellen, als ziehe man mit all seinem Hab und Gut in eine Wohnung, ohne Möbel. Man hat Geschirr und Töpfe und aber keine Regale und Schränke um es einzuräumen. Alles steht unsortiert am Boden oder noch unausgepackt in Kisten. Im Chaos findet man sich wenig zurecht und vergisst, wo man die Sachen hingelegt hat.
- Ähnliches gilt für Menschen, die wegen starker Traumata, oder anderen Gründen, sehr langsam im Lernen sind.
Tipps:
Deswegen ist für diese Gruppe von Lernenden wichtig, dass man den Lernstoff auf abwechslungsreiche Weise, nahe bringt und die Geduld nicht verliert.
- Menschen, die nie eine Schule besucht haben, fällt die allgemeine Organisation, die damit einhergeht schwer: Blätter in Ordner sammeln, pünktlich zum Unterricht erscheinen, sich abmelden, wenn man krank ist…wichtig ist es, sich Kontaktdaten geben zu lassen und evtl. eine Sprachnachricht senden: Morgen ist Schule!
- Manchmal muss man zeigen, wie man einen Stift hält. Für diese Schüler sind die Arbeitsblätter mit den Schwung Übungen.
- Handys sind überhaupt sehr hilfreich zum Deutschlernen. Man kann den Schülern z.B. neue Buchstaben oder Worte auf das Mikro sprechen und abspeichern. Oder, wenn man Gegenstände sortiert hat, ein Foto machen lassen. Ich mache manchmal auch kleine Kurzfilme: Z.B. einen Text vorlesen, den man mitlesen kann…und versende ihn über Whats-up an die Gruppe.
- Bevor ich einen neuen Laut einführe, übe ich ihn mit dem Anlaut-Memory. Ich versuche mindestens zwei Laute voraus zu sein (in den ersten Lektionen ist das natürlich nicht möglich) und ergänze fortlaufend mit neuen Lauten. Das Memory ist auch ein Motivationsverstärker, weil hier gerade oft die langsamsten Lerner punkten können.
- Die ersten 2 Laute lasse ich meine Schüler in den Spiegel sehen und ein A und danach ein M nachsprechen. Dadurch wird überhaupt manchmal erst entdeckt, dass man Worte erst in einzelne Laute zerlegen und sie dann mit einem Symbol bezeichnen kann. Danach zeige ich die beiden gezeichneten Gesichter zu A und zu M. Der nächste große Lernschritt ist dann, dass man diese Laute auch noch verbinden kann. Die Laute A und M eignen sich besonders als Einstieg, zumal fast alle Worte wie Mama kennen. Man legt beide Gesichter und, danach beide Buchstaben nebeneinander und versucht die Verbindung aufzuzeigen: AM, MA. Wenn das gut klappt: MAM, AMA, MAMA, AMAM. Danach vielleicht nochmals eine kleine Schreibübung und Arbeitsblätter. Wenn das gut klappt kann zum nächsten Buchstaben weitergehen, oder man nimmt die Kleinbuchstaben a und m dazu. Weitere Buchstaben : O,T, E
- Anschließend zeige ich die Großbuchstaben: Dies ist ein A und dies ist ein M.
- Neue Buchstaben führe ich mit Spiegel und Anlauttüten ein. In der Anlaut - Tüte sind Gegenstände, die mit dem entsprechenden Laut beginnen. z.B.: T: Tomate, Tube, Tüte, Tisch und Tonne( aus Playmobil) , Tasse, Teller ( Puppengeschirr),
- Unterrichts-Inhalte versuche ich mit Bewegungen zu verbinden: „Geh zum Fenster!“, „Öffne die Türe!“, „zeig mir…“
- Ich schleppe viel Anschauungsmaterial mit zum Unterricht ( Playmobil-Möbel sind leichter zu transportieren, als echte). Diese Gegenstände, oder auch Memorykärtchen lasse ich ständig neu sortieren: Gemäß ihrer Artikel: Die, der, das oder nach Pluralendungen, Über- und Untergruppen und nach Anlauten.
- Arbeitsblätter dienen dem praktischen Üben, aber auch um „das Gehirn flexibel zu machen“, deswegen sind sie sehr unterschiedlich gestaltet. Es geht nicht nur um die Aufgabe an sich, sondern auch um verschiedene Aufgabenstellungen zu verstehen. Dadurch wird das Gehirn flexibler.
- Ich versuche mit Farben zu arbeiten: Maskuline Wörter in listen werden links aufgelistet und blau markiert. Feminine werden rot markiert und kommen in die Mitte und die grünen, neutralen Wörter rechts.
- Zusatzmaterial: Dominos, Lottos, Interaktive WEB-Seite: Tomate
- Durch verschiedene Spiele werden verschiedene Techniken stimuliert. Ich lasse z.b. immer wieder Domino Kärtchen aneinanderlegen, weil das hilft Wörter schneller erfassen zu können. Ich hatte auch ein paar Schüler, die haben nach Wochen noch nicht verstanden, wie man Buchstaben zusammenzieht, aber dann habe ich beim Domino-Spielen entdeckt, dass sie sich ganze Worte ganz gut merken konnten.
- Immer mit Wiederholungen anfangen. Zwischen Übungen, die viel Konzentration brauchen und leichteren Aufgaben abwechseln. Die Konzentrationsspanne ist am Anfang sehr gering
Zeitplan:
Normal braucht es nach 2 Buchstaben, eine Nacht um darüber zu schlafen. Aber ich hatte schon Schüler, die alle 5 Buchstaben an einem Stück machten und dann nach einem Tag erste Worte lesen konnten und ich hatte schon Schüler, da fing bei jedem Treffen von vorne an. Das Problem entsteht vor allem, wenn die Lerneinheiten zu weit auseinander sind. An der VHS habe ich meine Schüler nur einmal die Woche 4 Stunden, und der Abstand ist für viele, besonders am Anfang zu lange. Sobald sie selbstständig Hausaufgaben machen können und in den Tagen dazwischen selbstständig lernen, ist das Problem behoben.
Aber wenn man alle 5 Laute bearbeitet hat, sollte das Prinzip des Lesens und Schreibens zumindest verstanden worden sein.
Näheres dazu in den Anleitungen für Lernhelfer.
Nach den Lektionen T-O-M-A-T-E empfehle ich den Grundkurs neu, Teil I vom Hamburger ABC.
Der Kurs hat ein gutes Preis-Leistungsverhältnis. 35 Arbeitsblätter für ca. 15 Euro.
Buchstabe für Buchstaben geht man durch das ganze Alphabet, erarbeitet einen großen Wortschatz mit Basiswörtern und arbeitet sich langsam zu ganzen Sätzen vor. Zusätzlich gibt es viele verschiedene Zusatzmaterialien.
Hamburger ABC, herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft Karolinenviertel e.V.
Tel.:040 4392582, E-Mail: ,lernen@hamburger-abc.de